Tere Tulemast Tallinna.
Eine spannende Reise in die Hauptstadt Estlands.
Ein Dezembermorgen auf dem Dresdner Flughafen.
Unsere Maschine nach Frankfurt hat bereits 30 Minuten Verspätung. Draußen ist es grau und es regnet. Ich lese die aktuelle Tageszeitung und bin nicht erstaunt, dass wirklich rein gar nichts Interessantes drinsteht. Wahrscheinlich haben die Redakteure das Wetter gesehen und sich gedacht, jetzt ist es auch egal. Das Boarding startet und wir wissen jetzt schon, dass wir in Frankfurt in nur 15 Minuten umsteigen müssen. Wir stellen uns also auf einen gehörigen Frühsport ein.
Ab in den hohen Norden.
Wir betreten in Frankfurt den Flieger nach Tallinn und hinter uns wird die Türe schon geschlossen. Gerade haben wir unsere Sitzplätze gefunden, da starten wir schon. Zwei Stunden Flug und eine wackelig, harte Landung später stehen wir auf dem kleinen Flughafen in Tallinn.
Reise ins Mittelalter.
1154 wurde Tallinn erstmals historisch erwähnt. Aber Tallinn hieß nicht schon immer Tallinn. Bis ins 20. Jahrhundert nannte man die Stadt Reval. Vom 13. bis zum 16. Jahrhundert war Tallinn ein florierendes Handelszentrum. Dieses Flair kann man noch heute im Gildenhaus live erleben. Bei mittelalterlicher Musik, rustikalem Essen und schummrigem Licht können wir entspannt dem Treiben der Menschen zusehen. Wir beginnen unseren Rundgang direkt am Rathausplatz. Das kleine Café Kehrwieder bietet urige Gemütlichkeit in kuscheligem Ambiente mit alten Sesseln und antiken Sofas. Die selbstgemachten Trüffel sind ein Highlight des Cafés und der Glühwein wärmt nach dem Spaziergang durch die stürmischen Gassen. Der Himmel ist heute wolkenverhangen, aber das stört uns nicht, denn bei unserem Spaziergang durch die kleinen Gassen betreten wir immer wieder die kleinen Läden mit handgearbeiteten Schmuckstücken und selbstgestrickter Kleidung. Wir wandern den Domberg hinauf. Bevor wir den Dom erreichen, türmt sich vor uns die Alexander-Newski-Kathedrale mit ihren typischen Zwiebeltürmen auf. Von innen ist die russisch-orthodoxe Kathedrale wunderschön gearbeitet und ist in jedem Fall ein Besuch wert. Im Dom zünden wir vor dem Bild der Jungfrau Maria zwei Kerzen an und setzen unseren Spaziergang fort.
Das Kunstmuseum am rosafarbenen Präsidentenpalast.
Wir steigen in ein Taxi zum Präsidentenpalast. Er soll in einem fantastischen Rosa-Ton gestrichen sein – wie ein Tutu. Es ist wahr. Es wird bereits dunkel, als wir den Palast erreichen, also schwenken wir schnell nach rechts zum KUMU, dem größte Kunstmuseum in Estland. Schon das Gebäude macht uns neugierig und so begeben wir uns auf eine beeindruckende und spannende Reise durch estnische Kunst der letzten Jahrhunderte. Stockwerk um Stockwerk arbeiten wir uns nach oben. Besonders die aktuelle Ausstellung über Art-Deco-Mode ist beeindruckend. Mitten zwischen perlenbestickten Kleidern und aufwendigen Schmuckstücken fühlen wir uns in eine andere Zeit zurückversetzt. An einem Tisch voller Bleistifte und Papier können wir dann auch unsere eigenen Kunstwerke zu Papier bringen.
Pancakes zum Dinner.
Nach diesem langen Tag sind wir hungrig. Also kehren wir ins Stadtzentrum zurück und essen im Kompressor Pub, dem legendären Pfannkuchen-Haus von Tallinn. Egal ob mit Shrimp-Füllung, Tomate und Fetakäse oder lecker fruchtig mit Himbeeren und süßer Sahne, diese Pfannkuchen sind für Tallinn-Reisende ein absolutes Muss. Mit einem tollen Espresso und leckeren Longdrinks geht der Tag in der trendigen Café-Bar Kohvik Komeet im vierten Stock des Solaris Einkaufszentrum zu Ende.
Entspannte Esten
Vielleicht liegt es an der Weihnachtszeit. Oder möglicherweise daran, dass gerade keine Touristen-Hochsaison ist. Es könnte auch an der guten Luft in Tallinn liegen. Oder aber, was ich stark vermute, die Esten sind einfach so – entspannt. Da sitzen die zahlreichen Künstler in ihren kleinen Läden und nähen, stricken oder bemalen ihre kleinen Kunstschätze, die sie dann gleich im Laden verkaufen. Egal wo wir hinkommen, werden wir mit einem warmen Lachen und einem freundlichen „Tere“ begrüßt.
„Tere“ heißt „Hallo“
Estnisch ist eine wunderbar melodische Sprache und manchmal klingt sie auch nach wildem Kauderwelsch, aber mich hat die Neugier gepackt. Die Ernüchterung kam dann, als ich herausfand, dass Estnisch 16 Fälle hat und auch sonst nicht gerade die einfachste Sprache zu sein scheint, die man sich aussuchen kann, aber ein paar Worte sind hängen geblieben. „Tere Tulemast“ zum Beispiel heißt „Willkommen“ oder „Vabandust“ bedeutet „Entschuldigung“. Na, erkennen Sie das System? Nein? Tja, ich auch nicht. Aber spannend ist Estnisch auf alle Fälle.
Bis bald, Tallinn
An unserem letzten Tag fahren wir in den Seaplane Harbour ins Maritime Museum. In einem alten Flugzeughangar haben die Tallinner ein geniales Museum kreiert. Über eine Holzbrücke, die die Wasseroberfläche symbolisieren soll, bewegen wir uns durch die riesige Halle. Bojen, kleine Schiffe und ein gigantisches U-Boot hängen an Stahlseilen von der Decke, als ob sie durch die Halle schweben würden. Wer noch nie ein U-Boot von innen gesehen hat, hat hier die Möglichkeit dies nachzuholen. Und wer schon immer einmal wissen wollte, wie sich 15 m/s anfühlen, kann sich im Windkanal durcheinander wirbeln lassen.
Bis bald, Tallinn, Nägemist.
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