Da ist etwas Grünes in meiner Suppe!

Geschossen in der Ausstellung "Du bist die Kunst"

Das mit dem Verstehen ist schon keine leichte Sache. Aber es wird noch schwieriger, denn wussten Sie, dass wir in der Kommunikation mit vier Ohren hören – auf jeder Seite? Tatsächlich nehmen wir Nachrichten, die uns erreichen auf ganz unterschiedliche Art und Weise auf.

Auf die Sache fokussiert.  

Da wäre das neutrale Sach-Ohr. Nehmen wir an, dass Sie vielleicht mit Ihrer Frau oder Ihrem Mann am Tisch sitzen und es gibt Suppe. Sie finden Suppe klasse, vor allem diese Suppe. Aber da schwimmt etwas Grünes in der leckeren Hühnerbrühe und Sie lassen Sich zu folgender Frage hinreißen: „Du Schatz, da ist was Grünes in der Suppe.“ Wenn Ihr Gegenüber nun mit dem wundervoll neutralen Sach-Ohr Ihre Frage aufgenommen hat, so könnte die Antwort lauten: „Das ist Petersilie, mein Liebling.“ Und schon ist alles klar und Sie können in Ruhe Ihre Suppe mit dem grünen Grünzeug genießen.

Die Beziehung gibt den Ton an.  

Nun ist es aber so, dass wir ja zu unseren Lebenspartnern in der Regel ein ganz besonderes Verhältnis pflegen. Und so kommt das bedeutende Wort „Beziehung“ ins Spiel. Wir neigen nämlich dazu Nettigkeiten und ernstgemeinte Fragen gerne ein bisschen in den falschen Hals zu kriegen. So könnten Sie mit Ihrer Frage möglicherweise nur Folgendes wissen wollen: „Was ist denn das nun? Du hast es doch gekocht, du musst es doch wissen.“ Und jetzt kommt die beziehungs-geschwängerte Reaktion, leicht zickig wohlgemerkt: „Du kannst immer nur am Essen meckern.“ Spiel, Satz, Klatsch. So kommen Missverständnisse zustande. Gerade auf der Beziehungsebene knallt es nämlich am meisten. Vielleicht lohnt es sich ja das nächste Mal im Kräutergarten selbst nachzuschauen, was das Grüne wohl sein könnte oder die Suppe einfach zu essen und fertig.

Ehrlich, Offen, Selbstoffenbarung.  

Nun kommen wir zu dem, was wir selbst bei solchen Situationen in uns tragen. Die Selbstoffenbarung ist eine spannende Sache, denn sie macht uns gnadenlos nackt vor unseren Gesprächspartnern und manchmal merken wir das nicht einmal. So könnten Sie mit Ihrer Frage wirklich nicht gewusst haben, was das ist. Aber mal ehrlich: Petersilie hätten Sie doch wirklich kennen können, oder. Das krause Kraut ist das deutsche Grünzeug in der Suppe schlechthin. Das hat sich vielleicht auch Ihr Gesprächspartner gedacht. Und Schwupps ist raus, dass Sie in Kräuterkunde in der Schule geschlafen haben. Nicht so schlimm, Schwamm drüber und Suppe löffeln.

Und die wichtigste Frage: Was willst Du denn eigentlich?  

Das vierte Ohr nennt sich auffordernd Appell-Ohr. Was wollen wir mit solchen Fragen eigentlich sagen? Wenn wir in einem Raum sitzen und sagen „Hier zieht es aber.“, könnte das eine zutreffende Feststellung in Bezug auf die Raumtemperatur sein. Oder, was wahrscheinlicher ist, eine versteckte Aufforderung an einen Zuhörenden sein, doch bitte das Fenster zu schließen.  

In unserer wundervollen Abend-Szene könnte die Aufforderung nun von Ihrer Seite sein: „Los sag schon, ich will jetzt endlich unbedingt wissen, was das leckere Grün ist.“ Und was kommt letztendlich beim Gegenüber wahrscheinlich an? „Lass es weg, lass das Grüne das nächste Mal einfach weg, schmeiß lieber mehr Fleischklößchen in die Suppe.“ Und schon verweigert der motivierte Koch mit dem Gesundheitsbewusstsein für die nächste Zeit den Küchendienst. 

Das lesen Sie außerdem in dieser Ausgabe:

Sag´s lieber persönlich. Die Kolumne. Lesen     

Reden ist Silber, Verstehen ist Gold. Der Artikel. Lesen  

Du hörst mir gar nicht zu. Das offene Ohr. Lesen

Tere Tulemast Tallinna. Eine spannende Reise in die Hauptstadt Estlands. Lesen

Du bist die Kunst. Eine interaktive Ausstellung auf der Albrechtsburg in Meißen. Lesen

5 Impulse für ein WOW. Die Praxistipps. Lesen

 

Keiner versteht mich. Die Diskussion. Lesen